Haben Sie sich jemals gefragt, wie ein einfacher Spaziergang so viel über Ihre Gesundheit verraten kann?
Es mag trivial erscheinen, aber Ihre Gehgeschwindigkeit – die Schnelligkeit, mit der Sie von A nach B gelangen – ist tatsächlich ein tiefgreifender Indikator für Ihr allgemeines Wohlbefinden und sogar für die Geschwindigkeit, mit der Ihr Gehirn altert.
Die Gehgeschwindigkeit, oft auch als Ganggeschwindigkeit bezeichnet, ist ein weithin anerkannter Indikator für das Risiko des funktionellen Verfalls und der Sterblichkeit bei älteren Erwachsenen. Sie kann Aufschluss darüber geben, wie gut Sie tägliche Aufgaben bewältigen und Ihre Unabhängigkeit bewahren können.
So messen Sie Ihre Gehgeschwindigkeit ganz einfach zu Hause
Das Beste daran? Sie können Ihre Gehgeschwindigkeit ganz einfach selbst messen. Alles, was Sie dazu benötigen, ist eine Stoppuhr und ein Maßband. Es gibt zwei gängige Methoden, die Sie zu Hause oder im Freien anwenden können:
Der 10-Meter-Gehtest: Suchen Sie sich einen 20-Meter-Pfad. Markieren Sie die ersten 5 Meter als Startstrecke, um auf Ihre normale Gehgeschwindigkeit zu kommen. Anschließend messen Sie, wie lange Sie für die nächsten 10 Meter brauchen. Ihre Geschwindigkeit berechnet sich dann als 10 Meter geteilt durch die benötigte Sekundenanzahl (Meter/Sekunde).
Der 4-Meter-Gehtest: Wenn der Platz begrenzt ist, funktioniert auch eine kürzere Version. Hier benötigen Sie einen 6-Meter-Pfad. Nutzen Sie den ersten Meter, um auf Geschwindigkeit zu kommen, und messen Sie dann die Zeit für die nächsten 4 Meter. Ihre Geschwindigkeit erhalten Sie, indem Sie 4 Meter durch die benötigte Sekundenanzahl teilen (Meter/Sekunde).
Sie können Ihre Ergebnisse mit den Durchschnittswerten für Ihre Altersgruppe und Ihr Geschlecht vergleichen. Zum Beispiel liegt die durchschnittliche Gehgeschwindigkeit einer Frau im Alter von 40-49 Jahren bei 1,39 m/s, während ein Mann derselben Altersgruppe durchschnittlich 1,43 m/s erreicht. Diese Geschwindigkeiten nehmen mit dem Alter tendenziell ab. Für 80-89-Jährige liegen die Durchschnittswerte bei etwa 0,94 m/s für Frauen und 0,97 m/s für Männer.
Was Ihre Gehgeschwindigkeit über Ihr Alter verrät
Die Gehgeschwindigkeit ist ein beeindruckender Prädiktor für die Überlebenswahrscheinlichkeit bei älteren Erwachsenen. Eine Studie, die Daten von über 34.000 Erwachsenen ab 65 Jahren zusammenfasste, zeigte, dass die Gehgeschwindigkeit signifikant mit der Lebensdauer assoziiert ist.
Zum Beispiel hatten Männer im Alter von 75 Jahren mit den langsamsten Gehgeschwindigkeiten eine 19%ige Chance, weitere 10 Jahre zu leben, verglichen mit 87% bei Männern mit den schnellsten Gehgeschwindigkeiten.
Frauen zeigen ähnliche Muster: Eine 75-jährige Frau mit langsamer Gehgeschwindigkeit hatte eine 35%ige Chance auf weitere 10 Jahre, während eine schnelle Geherin eine 91%ige Chance hatte.
Warum ist das so?
Das Gehen erfordert das Funktionieren und das Zusammenspiel mehrerer Organsysteme, einschließlich des Bewegungsapparates, des Sehens, des zentralen und peripheren Nervensystems sowie der aeroben Kapazität und Herz-Kreislauf-Fitness. Eine Verlangsamung der Gehgeschwindigkeit kann somit Störungen in mehreren Organsystemen widerspiegeln und als einfacher Indikator für die Vitalität dienen.
Besonders bemerkenswert ist die Verbindung zur Herz-Kreislauf-Gesundheit: Eine französische Studie aus dem Jahr 2009 zeigte, dass selbst bei ansonsten gesunden Erwachsenen über 65 Jahren Teilnehmer mit einer niedrigen Gehgeschwindigkeit ein etwa dreifach erhöhtes Risiko hatten, während des Studienzeitraums an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, verglichen mit schnelleren Gehern.
Die überraschende Verbindung zwischen Gehgeschwindigkeit und Gehirnalterung im mittleren Lebensalter
Es ist nicht nur ein Thema für ältere Menschen! Eine 2019 durchgeführte Studie von Line Rasmussen und ihren Kollegen an der Duke University untersuchte 904 Personen im Alter von 45 Jahren aus einer Langzeitstudie in Neuseeland.
Die Ergebnisse waren verblüffend: Die Gehgeschwindigkeit eines 45-Jährigen konnte die Geschwindigkeit vorhersagen, mit der sein Gehirn und Körper alterten.
Langsamere Geher in diesem Alter zeigten Anzeichen einer „beschleunigten Alterung“:
• Ihre Lungen, Zähne und Immunsysteme waren in einem schlechteren Zustand.
• Sie wiesen Biomarker auf, die mit einer schnelleren Alterungsrate verbunden sind, wie erhöhter Blutdruck, hoher Cholesterinspiegel und geringere Herz-Kreislauf-Fitness.
• Sie zeigten auch andere Anzeichen körperlicher Schwäche, wie eine geringere Handgriffstärke und größere Schwierigkeiten beim Aufstehen von einem Stuhl.
Darüber hinaus zeigten langsame Geher Anzeichen einer fortgeschrittenen kognitiven Alterung:
• Sie erzielten tendenziell niedrigere IQ-Werte.
• Sie schnitten bei Tests des Gedächtnisses, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und des logischen Denkens schlechter ab.
• MRT-Scans zeigten, dass diese kognitive Verschlechterung mit beobachtbaren Veränderungen im Gehirn einherging, darunter kleinere Gehirnvolumina, dünnere Großhirnrinden und mehr White-Matter-Hyperintensitäten, was darauf hindeutet, dass das Gehirn dieser Personen schneller alterte.
Das Überraschendste: Diese Gesundheitsunterschiede waren bereits im frühen Kindesalter erkennbar. Forscher konnten die Gehgeschwindigkeit der 45-Jährigen anhand von Intelligenz-, Sprach- und motorischen Fähigkeitstests vorhersagen, die sie im Alter von nur drei Jahren absolviert hatten. Dies deutet darauf hin, dass die Gehgeschwindigkeit nicht nur ein Zeichen des Alterns ist, sondern auch ein Fenster zur lebenslangen Gehirngesundheit.
Was bedeutet das für Sie?
Da die Gehgeschwindigkeit bereits im mittleren Lebensalter aussagekräftige altersbedingte Variationen zeigt, könnte sie ein nützliches Maß in Studien zur Prävention des Alterns sein, die darauf abzielen, das Auftreten altersbedingter Krankheiten zu verhindern. Der Gehtest ist kostengünstig, sicher, einfach wiederholt durchzuführen und auch bei Menschen in den Vierzigern gut anwendbar, was ihn zu einem potenziellen Werkzeug zur frühen Erkennung von Risikogruppen macht.
So können Sie Ihre Gehgeschwindigkeit verbessern
Auch wenn die Forschung einen klaren Zusammenhang zwischen Gehgeschwindigkeit und Gesundheit aufzeigt, gibt es gute Nachrichten: Sie können Ihre Gehgeschwindigkeit aktiv verbessern!
Hier sind einige Tipps, wie Sie Ihre Gehgeschwindigkeit und damit Ihre allgemeine Fitness verbessern können:
• Regelmäßiges Gehen üben: Versuchen Sie, Ihre Gehgeschwindigkeit sicher über kurze Distanzen zu steigern.
• Bewusst Fortschritte überwachen: Achten Sie auf Ihre Geschwindigkeit und versuchen Sie, diese schrittweise zu erhöhen.
• Vielfalt ins Gehen bringen: Gehen Sie vorwärts und üben Sie Richtungswechsel, gehen Sie auch seitwärts und rückwärts.
• „Dual-Tasking“-Aktivitäten: Versuchen Sie, während des Gehens andere Aufgaben zu erledigen, z. B. Gegenstände zu tragen, zu zählen oder Musik zu hören. Dies trainiert Ihr Gehirn und Ihre Koordination gleichzeitig.
• Abwechslungsreiche Wege: Gehen Sie auf kreisförmigen Pfaden, im Uhrzeigersinn und gegen den Uhrzeigersinn, oder auf Wegen, die eine Acht bilden.
• Arbeiten Sie an Kraft und Flexibilität: Verbessern Sie Ihre allgemeine Fitness, Kraft und Flexibilität.
• Nutzen Sie jede Gelegenheit zum Gehen: Parken Sie Ihr Auto etwas weiter weg, verabreden Sie sich mit Freunden zum Spazierengehen oder machen Sie kurze Gehpausen während des Arbeitstages, um langes Sitzen zu unterbrechen.
Ihre Gehgeschwindigkeit ist also weit mehr als nur ein Maß für Ihre körperliche Leistungsfähigkeit; sie ist ein zusammenfassender Index für das lebenslange Altern und hat möglicherweise Ursprünge in Defiziten des zentralen Nervensystems im Kindesalter. Indem Sie auf Ihre Gehgeschwindigkeit achten und versuchen, sie aktiv zu verbessern, investieren Sie nicht nur in Ihre Mobilität, sondern auch in Ihre lebenslange Gehirngesundheit und Vitalität.