Restless Legs Syndrom: Little Guide
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Was ist das Restless Legs Syndrom?
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Symptome und Anzeichen
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Diagnose
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Ursachen und Risikofaktoren
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Behandlungsmöglichkeiten
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Medikamentöse Therapie
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Nicht-medikamentöse Ansätze
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Leben mit RLS: Praktische Tipps für den Alltag
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RLS und Schlaf
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RLS bei Schwangeren
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RLS bei Kindern
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Unterstützung für Angehörige
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Hilfsorganisationen und Selbsthilfegruppen
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Häufig gestellte Fragen
1. Was ist das Restless Legs Syndrom?
Das Restless Legs Syndrom (RLS), auch als Willis-Ekbom-Krankheit bekannt, ist eine neurologische Erkrankung, die durch einen unwiderstehlichen Bewegungsdrang der Beine gekennzeichnet ist. Diese Empfindung tritt typischerweise in Ruhesituationen auf und verschlimmert sich abends und nachts. RLS betrifft etwa 5-10% der Bevölkerung und kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
RLS ist keine psychosomatische Erkrankung, sondern eine reale neurologische Störung mit messbaren Veränderungen im Gehirn und Nervensystem. Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die in den meisten Fällen lebenslang bestehen bleibt, jedoch mit der richtigen Behandlung gut kontrollierbar ist.
2. Symptome und Anzeichen
Die Hauptsymptome des RLS können wie folgt beschrieben werden:
- Bewegungsdrang: Ein intensiver, oft als unangenehm empfundener Drang, die Beine zu bewegen
- Parästhesien: Kribbeln, Ziehen, Brennen, Stechen oder ein “Krabbeln” in den Beinen
- Ruhe-Abhängigkeit: Die Symptome beginnen oder verschlimmern sich in Ruhephasen
- Tageszeit-Abhängigkeit: Die Beschwerden nehmen abends und nachts zu
- Bewegungslinderung: Temporäre Besserung durch Bewegung der Beine
Die Symptome können in ihrer Intensität variieren – von mild und gelegentlich bis hin zu schwerwiegend mit erheblichen Schlafstörungen und Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Obwohl die Beine am häufigsten betroffen sind, können die Symptome auch in den Armen, der Brust oder anderen Körperteilen auftreten.
3. Diagnose
Die Diagnose des RLS erfolgt hauptsächlich klinisch anhand der charakteristischen Symptome und der Patientengeschichte. Folgende diagnostische Kriterien werden herangezogen:
- Bewegungsdrang der Beine, meist begleitet von unangenehmen Empfindungen
- Die Symptome beginnen oder verstärken sich in Ruhe
- Die Symptome bessern sich durch Bewegung
- Die Symptome sind abends oder nachts stärker ausgeprägt als tagsüber
Zusätzliche Untersuchungen können durchgeführt werden, um andere Erkrankungen auszuschließen und mögliche Ursachen zu identifizieren:
- Blutuntersuchungen: Besonders zur Überprüfung des Eisenstatus (Ferritin, Transferrin, Eisen)
- Neurologische Untersuchung: Zum Ausschluss anderer neurologischer Erkrankungen
- Polysomnographie: Eine Schlafuntersuchung im Labor, die besonders bei Verdacht auf RLS-bedingte Schlafstörungen durchgeführt wird
- Aktimetrie: Messung der Beinbewegungen über mehrere Tage mittels eines am Bein getragenen Sensors
4. Ursachen und Risikofaktoren
RLS wird in zwei Hauptformen unterschieden:
Primäres (idiopathisches) RLS
- Macht etwa 70-80% der Fälle aus
- Oft familiäre Häufung (genetische Komponente)
- Beginnt häufig vor dem 40. Lebensjahr
- Langsam fortschreitender Verlauf
Sekundäres RLS
Tritt als Folge anderer Grunderkrankungen oder Umstände auf:
- Eisenmangel: Niedriger Ferritinspiegel (unter 50-75 µg/l) kann RLS auslösen oder verstärken
- Nierenerkrankungen: Besonders bei Dialysepatienten häufig
- Schwangerschaft: Etwa 20% der Schwangeren entwickeln vorübergehend RLS
- Neuropathien: Besonders bei Diabetes oder anderen Erkrankungen, die die peripheren Nerven betreffen
- Rheumatische Erkrankungen: Wie Rheuma oder Fibromyalgie
Verstärkende Faktoren und Auslöser
- Medikamente: Bestimmte Antidepressiva, Neuroleptika, Antihistaminika, manche Blutdruckmedikamente
- Genussmittel: Koffein, Alkohol, Nikotin
- Schlafmangel und unregelmäßiger Schlafrhythmus
- Bewegungsmangel
- Stress und psychische Belastungen
5. Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung des RLS richtet sich nach der Schwere der Symptome, möglichen Grunderkrankungen und individuellen Faktoren des Patienten. Es gibt keine Heilung für RLS, aber verschiedene Strategien können die Symptome effektiv lindern.
Medikamentöse Therapie
Erstlinientherapie:
- Dopaminergika: Wirken auf den Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn
- Levodopa: Für gelegentliche Anwendung oder bei Bedarf
- Dopamin-Agonisten: Pramipexol (Sifrol®), Ropinirol (Requip®), Rotigotin (Neupro®)
Zweitlinientherapie:
- Alpha-2-delta-Liganden: Pregabalin (Lyrica®), Gabapentin (Neurontin®)
- Opioide: Bei schwerem, therapieresistentem RLS (z.B. Oxycodon, Tilidin)
- Benzodiazepine: Hauptsächlich zur kurzfristigen Anwendung bei Schlafstörungen
Behandlung von Grunderkrankungen:
- Eisensubstitution: Bei nachgewiesenem Eisenmangel (Ferritin < 50-75 μg/l), oral oder intravenös
- Behandlung anderer Grunderkrankungen: z.B. Nierenerkrankungen, Diabetes
Wichtige Hinweise zur medikamentösen Therapie:
- Augmentation: Eine paradoxe Verschlechterung der Symptome unter dopaminerger Therapie (frühere Symptome, stärkere Intensität, Ausbreitung auf andere Körperteile)
- Individualisierte Therapie: Die Medikation muss für jeden Patienten individuell angepasst werden
- Regelmäßige Überprüfung: Regelmäßige Arztbesuche zur Überprüfung der Wirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen sind wichtig
Nicht-medikamentöse Ansätze
Allgemeine Maßnahmen:
- Schlafhygiene: Regelmäßige Schlafenszeiten, angenehme Schlafumgebung
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung, Atemübungen, Meditation
- Gemäßigte körperliche Aktivität: Regelmäßige moderate Bewegung, aber kein intensiver Sport am Abend
- Verzicht auf verstärkende Substanzen: Koffein, Alkohol, Nikotin
- Temperaturanwendungen: Wechselbäder, warme oder kalte Wickel
Spezifische Maßnahmen:
- TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation): Elektrische Stimulation der Nerven durch Hautelektroden
- Kompressionsstrümpfe oder -bandagen: Besonders bei venösen Problemen hilfreich
- Vibration: Spezielle Vibrationsgeräte für die Beine
- Akupunktur: Kann bei manchen Patienten hilfreich sein
- Kognitive Verhaltenstherapie: Besonders bei RLS mit psychischen Begleitfaktoren
6. Leben mit RLS: Praktische Tipps für den Alltag
Strategien für den Tag:
- Aktivitätspausen einlegen: Bei längerem Sitzen regelmäßig aufstehen und umhergehen
- Aktivität planen: Wichtige Termine und Aktivitäten auf die Tageszeit legen, in der die Symptome am wenigsten ausgeprägt sind
- Arbeit anpassen: Wenn möglich, flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice vereinbaren
- RLS-Tagebuch führen: Symptome und mögliche Auslöser dokumentieren
Strategien für unterwegs:
- Reisen planen: Bei Langstreckenflügen oder -fahrten Plätze mit mehr Beinfreiheit wählen
- Bewegungsmöglichkeiten schaffen: Bei längeren Sitzungen zwischendurch aufstehen und gehen
- Notfallstrategien: Kleine Massage-Tools, Vibrationskissen oder Kühlpacks für unterwegs mitnehmen
Strategien für soziale Situationen:
- Offene Kommunikation: Freunde, Familie und Kollegen über RLS informieren
- Alternative Aktivitäten: Soziale Aktivitäten wählen, die Bewegung erlauben
- Verständnis fördern: Informationsmaterial für Angehörige bereithalten
7. RLS und Schlaf
Schlafstörungen sind eine der häufigsten und belastendsten Auswirkungen des RLS. Hier einige spezifische Strategien zur Verbesserung der Schlafqualität:
Schlafhygiene:
- Regelmäßiger Schlafrhythmus: Jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen
- Schlafumgebung optimieren: Ruhige, dunkle, kühle Umgebung schaffen
- Entspannungsroutine: Beruhigende Aktivitäten vor dem Schlafengehen (warmes Bad, leichte Dehnung, Meditation)
Bettgestaltung:
- Angepasste Matratze: Individuelle Härtegrad und Materialien testen
- Bettwäsche: Leichte, atmungsaktive Materialien verwenden
- Gewichtsdecken: Können bei manchen Patienten hilfreich sein
Bei Schlaflosigkeit:
- Nicht im Bett bleiben: Bei Schlaflosigkeit aufstehen und eine beruhigende Aktivität durchführen
- Keine Uhr anschauen: Verstärkt nur den Druck, einschlafen zu müssen
- Entspannungstechniken anwenden: Progressive Muskelentspannung, Atemübungen
8. RLS bei Schwangeren
Etwa 20% aller Schwangeren entwickeln vorübergehend RLS-Symptome, besonders im dritten Trimester. Die Symptome verschwinden in der Regel nach der Geburt.
Besonderheiten:
- Hormonelle Veränderungen: Östrogen und Progesteron können RLS-Symptome verstärken
- Eisenmangel: Häufig bei Schwangeren, kann RLS auslösen oder verstärken
- Eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten: Viele RLS-Medikamente sind in der Schwangerschaft kontraindiziert
Empfehlungen für Schwangere:
- Eisenstatus prüfen lassen: Regelmäßige Kontrolle und ggf. Supplementierung
- Sanfte Bewegung: Schwimmen, leichte Spaziergänge, schwangerschaftsgeeignete Yoga-Übungen
- Massage und Dehnung: Der Beine vor dem Schlafengehen
- Kompressionsstrümpfe: Besonders bei zusätzlichen Venenproblemen
- Wärme- oder Kälteanwendungen: Je nach individueller Präferenz
9. RLS bei Kindern
RLS kann auch Kinder betreffen, wird aber oft nicht erkannt oder fehldiagnostiziert (z.B. als ADHS oder “Wachstumsschmerzen”).
Symptome bei Kindern:
- Unruhe und Zappeligkeit: Besonders beim Stillsitzen oder abends
- Schlafprobleme: Einschlafprobleme, unruhiger Schlaf
- Beschreibung der Empfindungen: Kinder beschreiben die Symptome oft als “Kribbeln”, “Ameisen in den Beinen” oder “weh tun”
- Konzentrationsprobleme: Als Folge von Schlafmangel
Diagnostik und Behandlung:
- Altersgerechte Anamnese: Kindgerechte Befragung und Beobachtung
- Eisenstatus prüfen: Häufig liegen niedrige Ferritinwerte vor
- Nicht-medikamentöse Ansätze: Bewegung, Schlafhygiene, Eisensubstitution
- Medikamentöse Therapie: Nur bei schweren Fällen und unter strenger Überwachung
10. Unterstützung für Angehörige
Die Betreuung eines Menschen mit RLS kann für Angehörige herausfordernd sein, insbesondere wenn nächtliche Unruhe und Schlafstörungen zum Alltag gehören.
Verständnis entwickeln:
- Über RLS informieren: Die Krankheit und ihre Auswirkungen verstehen
- Symptome ernst nehmen: RLS ist keine eingebildete Krankheit
- Geduld zeigen: Bei nächtlicher Unruhe oder Reizbarkeit aufgrund von Schlafmangel
Praktische Unterstützung:
- Gemeinsame Strategien entwickeln: Alltag und Aktivitäten anpassen
- Separate Schlafmöglichkeiten: Bei starken nächtlichen Symptomen in Betracht ziehen
- Bei Arztbesuchen begleiten: Zusätzliche Beobachtungen einbringen und Informationen merken
Selbstfürsorge als Angehöriger:
- Eigene Grenzen respektieren: Auf ausreichend Erholung achten
- Unterstützung organisieren: Hilfe von weiteren Familienmitgliedern oder Freunden annehmen
- Selbsthilfegruppen für Angehörige: Austausch mit anderen Betroffenen suchen
11. Hilfsorganisationen und Selbsthilfegruppen
Deutschland
Deutsche Restless Legs Vereinigung (RLS e.V.)
Die größte Selbsthilfeorganisation für RLS-Betroffene in Deutschland.
- Website: https://www.restless-legs.org
- Telefon: +49 (0)89 550 2888-0
- E-Mail: info@restless-legs.org
- Angebote: Regionale Selbsthilfegruppen, Informationsmaterial, Patientenseminare, ärztliche Beratung
Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
Bietet Informationen zu Schlafstörungen einschließlich RLS.
- Website: https://www.dgsm.de
- Verzeichnis akkreditierter Schlaflabore: https://www.dgsm.de/schlaflabore
Patientenbeauftragte der Bundesregierung
Informationen zu Patientenrechten und Selbsthilfeförderung.
- Website: https://www.patientenbeauftragte.de
Österreich
Österreichische Restless Legs Selbsthilfegruppe
- Website: https://www.restless-legs.at
- E-Mail: info@restless-legs.at
- Angebote: Regelmäßige Treffen, Informationsaustausch, Expertenvorträge
Österreichische Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (ÖGSM)
- Website: https://www.schlafmedizin.at
Schweiz
Schweizerische Restless Legs Selbsthilfegruppe
- Website: https://restless-legs.ch
- Telefon: +41 44 380 39 39
- E-Mail: info@restless-legs.ch
- Angebote: Beratung, Informationsmaterial, regionale Gruppen
Schweizerische Gesellschaft für Schlafforschung, Schlafmedizin und Chronobiologie (SGSSC)
- Website: https://www.swiss-sleep.ch
- Verzeichnis von Schlafzentren: https://www.swiss-sleep.ch/schlafzentren
12. Häufig gestellte Fragen
Ist RLS heilbar?
RLS ist in den meisten Fällen eine chronische Erkrankung, die nicht vollständig geheilt werden kann. Bei sekundärem RLS kann die Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Eisenmangel) zu einer deutlichen Besserung oder sogar zum Verschwinden der Symptome führen. Mit einer angepassten Therapie können die Symptome jedoch gut kontrolliert werden.
Ist RLS gefährlich?
RLS selbst ist keine lebensbedrohliche Erkrankung. Die langfristigen Folgen, insbesondere der chronische Schlafmangel, können jedoch zu anderen gesundheitlichen Problemen führen, wie erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depression und verminderte Lebensqualität.
Kann ich mit RLS noch Sport treiben?
Regelmäßige moderate körperliche Aktivität ist bei RLS sogar empfehlenswert und kann die Symptome lindern. Extremer oder sehr intensiver Sport am Abend kann die Symptome jedoch verstärken. Finden Sie eine für Sie passende Balance und beobachten Sie, wie Ihr Körper reagiert.
Muss ich lebenslang Medikamente nehmen?
Nicht jeder RLS-Patient benötigt Medikamente. Bei leichten Formen können nicht-medikamentöse Maßnahmen ausreichen. Bei mittelschweren bis schweren Formen ist oft eine dauerhafte medikamentöse Therapie notwendig, die jedoch in Intensität und Zusammensetzung angepasst werden kann.
Kann ich mit RLS noch reisen?
Reisen ist mit RLS durchaus möglich, erfordert jedoch gute Planung. Bei Langstreckenflügen empfiehlt sich ein Gangplatz, regelmäßiges Aufstehen und Umhergehen sowie die Mitnahme von RLS-Medikamenten im Handgepäck. Informieren Sie sich vor Auslandsreisen über die Verfügbarkeit Ihrer Medikamente im Zielland.
Ist RLS vererbbar?
Bei der primären Form des RLS gibt es eine genetische Komponente. Wenn ein Elternteil betroffen ist, liegt das Risiko für die Kinder bei etwa 30-50%, ebenfalls zu erkranken. Die Vererbung folgt jedoch keinem einfachen Muster, und nicht jeder mit genetischer Veranlagung entwickelt auch tatsächlich Symptome.
Welche Ärzte sind für RLS zuständig?
Primär sind Neurologen für die Diagnose und Behandlung von RLS zuständig. Auch Schlafmediziner, Internisten und Allgemeinmediziner mit entsprechender Erfahrung können RLS behandeln. Bei sekundärem RLS können weitere Fachärzte wie Nephrologen, Gynäkologen oder Hämatologen einbezogen werden.
Wird RLS schlimmer mit dem Alter?
Bei vielen Patienten mit primärem RLS nehmen die Symptome mit dem Alter zu – sowohl in der Häufigkeit als auch in der Intensität. Die Progression ist jedoch individuell sehr unterschiedlich und kann durch eine angepasste Therapie verlangsamt werden.
Kann Stress RLS verschlimmern?
Ja, psychischer Stress kann RLS-Symptome verstärken. Entspannungstechniken, Stressmanagement und ggf. psychologische Unterstützung können daher wichtige Bestandteile der RLS-Therapie sein.
Muss man bei RLS auf Kaffee verzichten?
Koffein kann bei vielen RLS-Patienten die Symptome verstärken. Ein kompletter Verzicht ist nicht immer notwendig, aber die Reduzierung des Koffeinkonsums und insbesondere der Verzicht auf Koffein am Nachmittag und Abend werden empfohlen. Beobachten Sie Ihren individuellen Zusammenhang zwischen Koffeinkonsum und Symptomen.