Parkinson-Erkrankung: Ein Ratgeber
Inhaltsverzeichnis
- Einführung und Überblick
- Was ist Parkinson?
- Symptome erkennen
- Diagnose und Untersuchungen
- Behandlungsmöglichkeiten
- Medikamentöse Therapie
- Nicht-medikamentöse Behandlungen
- Operative Verfahren
- Leben mit Parkinson
- Alltagsbewältigung
- Ernährung
- Bewegung und Sport
- Psychologische Aspekte
- Hilfe für Angehörige
- Rechtliche und soziale Aspekte
- Forschung und Zukunftsperspektiven
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Hilfsangebote und Ressourcen
1. Einführung und Überblick
Die Diagnose Parkinson ist für viele Betroffene und ihre Angehörigen zunächst ein Schock. Doch mit dem richtigen Wissen, kompetenter medizinischer Betreuung und gezielter Unterstützung kann die Lebensqualität über viele Jahre hinweg gut erhalten werden. Dieser Leitfaden soll Ihnen als Betroffener oder Angehöriger umfassende Informationen bieten und als praktischer Begleiter im Alltag dienen.
Die Parkinson-Erkrankung ist nach dem britischen Arzt James Parkinson benannt, der sie 1817 erstmals wissenschaftlich beschrieb. Heute wissen wir, dass es sich um eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen handelt, die weltweit etwa 1% der über 60-Jährigen betrifft.
2. Was ist Parkinson?
Die Parkinson-Krankheit (auch: Morbus Parkinson oder idiopathisches Parkinson-Syndrom) ist eine langsam fortschreitende neurologische Erkrankung. Sie entsteht durch das Absterben von Nervenzellen in bestimmten Bereichen des Gehirns, insbesondere in der Substantia nigra (“schwarze Substanz”). Diese Zellen produzieren den Botenstoff Dopamin, der für die Kontrolle von Bewegungen wichtig ist. Bei Parkinson-Patienten gehen diese Zellen nach und nach verloren.
Ursachen
Die genauen Ursachen der Parkinson-Erkrankung sind bis heute nicht vollständig geklärt. Man geht von einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus:
- Genetische Faktoren: Bei etwa 5-10% der Patienten liegt eine erbliche Form vor.
- Umweltfaktoren: Bestimmte Umweltgifte können das Risiko erhöhen.
- Alterungsprozesse: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko.
- Zelluläre Mechanismen: Fehlgefaltete Proteine (Alpha-Synuclein) und gestörte Zellprozesse spielen eine wichtige Rolle.
3. Symptome erkennen
Die Symptome der Parkinson-Erkrankung entwickeln sich meist schleichend und werden oft erst spät bemerkt. Man unterscheidet zwischen motorischen (bewegungsbezogenen) und nicht-motorischen Symptomen.
Motorische Hauptsymptome (Kardinalssymptome)
- Ruhetremor: Zittern in Ruhezustellung, typischerweise an den Händen (“Pillendreher-Tremor”)
- Rigor: Erhöhte Muskelspannung und Steifheit
- Bradykinese/Akinese: Verlangsamte Bewegungen bis hin zur Bewegungsarmut
- Posturale Instabilität: Gleichgewichtsstörungen und Gangprobleme
Frühe Warnsignale
Oft treten bereits Jahre vor den klassischen motorischen Symptomen erste Anzeichen auf:
- Verminderter Geruchssinn
- Verstopfung
- REM-Schlaf-Verhaltensstörungen (lebhafte Träume mit Bewegungen)
- Depression und Antriebslosigkeit
- Leise werdende Stimme
- Kleiner werdende Handschrift (Mikrographie)
Nicht-motorische Symptome
Diese Symptome werden oft übersehen, beeinträchtigen die Lebensqualität jedoch erheblich:
- Autonome Störungen: Verstopfung, Blasenprobleme, Blutdruckschwankungen, vermehrtes Schwitzen
- Neuropsychiatrische Symptome: Depression, Angst, Apathie, kognitive Einschränkungen
- Schlafstörungen: Einschlafprobleme, Tagesmüdigkeit, REM-Schlaf-Verhaltensstörung
- Sensorische Symptome: Schmerzen, Kribbeln, Geruchsverlust
4. Diagnose und Untersuchungen
Die Diagnose der Parkinson-Erkrankung wird in erster Linie klinisch gestellt, d.h. durch die sorgfältige Untersuchung und Beurteilung der Symptome durch einen erfahrenen Neurologen.
Diagnoseverfahren
- Ausführliche Anamnese: Erfassung aller Symptome und des Krankheitsverlaufs
- Neurologische Untersuchung: Prüfung von Reflexen, Beweglichkeit, Muskeltonus, etc.
- L-Dopa-Test: Überprüfung des Ansprechens auf L-Dopa (ein Parkinson-Medikament)
- Bildgebende Verfahren:
- MRT des Gehirns (zum Ausschluss anderer Erkrankungen)
- DaTSCAN (SPECT): Darstellung der Dopamin-produzierenden Zellen
- [18F]-DOPA-PET: Messung der Dopamin-Aktivität im Gehirn
- Weitere Tests: Riechtest, neuropsychologische Tests, Ultraschall
Differentialdiagnose
Es gibt verschiedene Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen (“Parkinson-Syndrome”), die von der klassischen Parkinson-Erkrankung unterschieden werden müssen:
- Medikamentös induzierter Parkinsonismus
- Vaskulärer Parkinsonismus
- Multisystematrophie (MSA)
- Progressive supranukleäre Blickparese (PSP)
- Kortikobasale Degeneration (CBD)
- Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB)
5. Behandlungsmöglichkeiten
Die Parkinson-Erkrankung ist bisher nicht heilbar, aber gut behandelbar. Das Therapiekonzept sollte individuell angepasst werden und verschiedene Ansätze kombinieren.
Medikamentöse Therapie
Dopaminerge Medikamente
- Levodopa (L-Dopa): Vorstufe des Dopamins, wird im Gehirn zu Dopamin umgewandelt
- Meist in Kombination mit Decarboxylase-Hemmern (Benserazid, Carbidopa)
- Verschiedene Darreichungsformen: Tabletten, Retardkapseln, lösliche Formen, Gel zur intestinalen Verabreichung
- Dopamin-Agonisten: Regen Dopamin-Rezeptoren direkt an
- z.B. Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin (Pflaster)
- Apomorphin (subkutan als Pen oder Pumpe)
Adjuvante Medikamente
- MAO-B-Hemmer: Verlängern die Wirkung von Dopamin (z.B. Selegilin, Rasagilin)
- COMT-Hemmer: Verlängern die Wirkung von L-Dopa (z.B. Entacapon, Opicapon)
- Amantadin: Verbessert Beweglichkeit, wirkt gegen Dyskinesien
- Anticholinergika: Vorwiegend gegen Tremor (z.B. Biperiden)
Therapiestrategien im Krankheitsverlauf
- Frühe Phase: Oft Beginn mit MAO-B-Hemmern oder Dopamin-Agonisten
- Mittlere Phase: Häufig Kombination verschiedener Medikamentenklassen
- Späte Phase: Management von Wirkungsfluktuationen, evtl. Pumpentherapien oder Operation
Nicht-medikamentöse Behandlungen
Physiotherapie
- Erhalt der Beweglichkeit und Kraft
- Gang- und Gleichgewichtstraining
- Spezialisierte Ansätze: LSVT BIG, PD-Warrior
Ergotherapie
- Alltagsbewältigung und Hilfsmittelberatung
- Feinmotorisches Training
- Wohnraumanpassung
Logopädie
- Stimmkräftigung (z.B. LSVT LOUD)
- Schlucktraining
- Mimiktraining
Psychologische Betreuung
- Krankheitsbewältigung
- Depression und Ängste behandeln
- Kognitive Stimulation
Operative Verfahren
Tiefe Hirnstimulation (THS/DBS)
- Implantation von Elektroden in Zielbereiche des Gehirns
- Kontinuierliche elektrische Stimulation unterbricht Störsignale
- Geeignet für Patienten mit L-Dopa-responsiven Symptomen und Wirkungsfluktuationen
- Verbesserung motorischer Symptome, Reduktion von Medikamenten möglich
Fokussierter Ultraschall (MRT-geführt)
- Nicht-invasives Verfahren zur gezielten Behandlung des Tremors
- Zerstörung kleiner Hirnareale durch gebündelte Ultraschallwellen
- Vorwiegend bei therapieresistentem Tremor eingesetzt
6. Leben mit Parkinson
Alltagsbewältigung
Wohnraumgestaltung
- Barrierefreiheit: Schwellen entfernen, Haltegriffe anbringen
- Rutschfeste Bodenbeläge
- Gute Beleuchtung, besonders nachts
- Sitzhilfen in Bad und Küche
Hilfsmittel
- Besteck mit verdickten Griffen
- Trinkbecher mit Deckel
- Anziehhilfen
- Spezielle Knöpfhilfen und Reißverschlusszieher
- Elektronische Erinnerungshilfen
Praktische Alltagstipps
- Tagesstruktur mit festen Routinen etablieren
- Komplexe Tätigkeiten in kleine Schritte zerlegen
- Bewegungsabläufe mental vorbereiten
- “Freezing” überwinden: visuelle Hilfen, Rhythmus, mentale Tricks
Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, wobei einige Besonderheiten zu beachten sind:
- Protein-Timing: Eiweißreiche Mahlzeiten können die Aufnahme von L-Dopa beeinträchtigen
- Protein-Umverteilung: größere Proteinmengen auf den Abend verschieben
- Ballaststoffreiche Kost: Gegen Verstopfung
- Ausreichend Flüssigkeit: Mindestens 1,5-2 Liter täglich
- Nahrungsergänzungsmittel: Bei Bedarf Vitamin D, B12 nach Rücksprache mit dem Arzt
- Kleinere, häufigere Mahlzeiten: Bei Schluckstörungen
Bewegung und Sport
Regelmäßige körperliche Aktivität kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und Symptome lindern:
- Empfohlene Aktivitäten:
- Ausdauertraining: Walken, Schwimmen, Radfahren
- Krafttraining: gezieltes Muskeltraining, auch mit leichten Gewichten
- Gleichgewichtstraining: Tai Chi, spezielle Balance-Übungen
- Dehnübungen: Yoga, Stretching für Beweglichkeit
- Tanzen: Verbindet Bewegung, Rhythmus und soziale Interaktion
- Spezielle Parkinson-Sportgruppen: Bieten angepasstes Training unter fachkundiger Anleitung
Psychologische Aspekte
Krankheitsbewältigung
- Akzeptanz der Diagnose als Prozess
- Offener Umgang mit der Erkrankung im sozialen Umfeld
- Fokus auf erhaltene Fähigkeiten, nicht nur auf Einschränkungen
Umgang mit Depression und Angst
- Frühzeitig professionelle Hilfe suchen
- Selbsthilfegruppen und Austausch mit anderen Betroffenen
- Bei Bedarf medikamentöse Behandlung
Kognitive Gesundheit
- Geistig aktiv bleiben: Lesen, Rätsel, Spiele
- Gedächtnistraining
- Strukturierte Tagesabläufe und Erinnerungshilfen
7. Hilfe für Angehörige
Als Angehöriger eines Parkinson-Patienten stehen Sie vor besonderen Herausforderungen. Ihre Unterstützung ist enorm wichtig, aber auch Ihre eigene Gesundheit sollte nicht vernachlässigt werden.
Praktische Unterstützung leisten
- Gemeinsame Organisation des Alltags
- Unterstützung bei der Medikamenteneinnahme
- Begleitung zu Arztterminen und Therapien
- Hilfestellung bei körperlichen Einschränkungen, ohne zu bevormunden
Kommunikation
- Geduld bei Sprach- und Stimmstörungen
- Dem Betroffenen Zeit zum Antworten lassen
- Auf Mimik achten, die bei Parkinson oft reduziert ist
- Offen über Bedürfnisse und Grenzen sprechen
Selbstfürsorge für Angehörige
- Eigene Belastungsgrenzen erkennen und respektieren
- Auszeiten nehmen und Erholungsphasen einplanen
- Unterstützungsangebote annehmen (Pflegedienste, Tagespflege)
- Selbsthilfegruppen für Angehörige besuchen
8. Rechtliche und soziale Aspekte
Schwerbehindertenausweis
- Antrag beim zuständigen Versorgungsamt stellen
- Vorteile: Steuererleichterungen, Nachteilsausgleiche, besonderer Kündigungsschutz
- Merkzeichen (z.B. G für Gehbehinderung, H für Hilflosigkeit) beantragen
Pflegegrad
- Beantragung bei der Pflegekasse/Krankenkasse
- Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD)
- Leistungen je nach Pflegegrad: Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Hilfsmittel
Berufliche Aspekte
- Stufenweise Wiedereingliederung nach längerer Krankheit
- Anpassung des Arbeitsplatzes
- Eventuell Erwerbsminderungsrente in Betracht ziehen
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
- Frühzeitige Regelung wichtiger Entscheidungen für die Zukunft
- Wünsche zur medizinischen Behandlung festhalten
- Vertrauensperson bevollmächtigen
9. Forschung und Zukunftsperspektiven
Die Parkinson-Forschung macht kontinuierlich Fortschritte in verschiedenen Bereichen:
Aktuelle Forschungsschwerpunkte
- Früherkennung: Biomarker und Bildgebung zur Diagnose vor Auftreten der motorischen Symptome
- Krankheitsmodifizierende Therapien: Ansätze, die das Fortschreiten verlangsamen könnten
- Genetik: Identifizierung weiterer Risikogene und personalisierte Therapieansätze
- Alpha-Synuclein-Therapien: Impfungen und Antikörper gegen das fehlgefaltete Protein
- Zellersatztherapien: Stammzellen zur Regeneration geschädigter Hirnareale
- Neue Medikamente: Wirkstoffe mit neuartigen Wirkmechanismen
Teilnahme an klinischen Studien
- Möglichkeit, an der Erforschung neuer Therapien mitzuwirken
- Zugang zu innovativen Behandlungsansätzen
- Information über laufende Studien bei behandelnden Ärzten oder in spezialisierten Zentren erfragen
10. Häufig gestellte Fragen (FAQ)
A. Allgemeine Fragen
Ist Parkinson vererbbar? Etwa 5-10% der Parkinson-Fälle sind erblich bedingt. Bei Patienten mit Erkrankungsbeginn vor dem 50. Lebensjahr ist die Wahrscheinlichkeit einer genetischen Ursache höher. Wissenschaftliche Studien haben mehrere Gene identifiziert (z.B. LRRK2, PARK7, PINK1, PRKN), die mit Parkinson in Verbindung stehen. Wenn in Ihrer Familie mehrere Fälle von Parkinson aufgetreten sind, kann eine genetische Beratung sinnvoll sein.
Ist Parkinson ansteckend? Nein, Parkinson ist keine ansteckende Erkrankung. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Krankheit von Person zu Person übertragen werden kann.
Sterben Parkinson-Patienten früher? Die Lebenserwartung kann bei Parkinson leicht reduziert sein, hängt aber stark vom Erkrankungsalter, Begleiterkrankungen und der Qualität der medizinischen Versorgung ab. Moderne Behandlungsmethoden haben die Prognose deutlich verbessert. Studien zeigen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung nach Diagnosestellung heute etwa 7-14 Jahre beträgt, wobei viele Patienten deutlich länger leben.
Verläuft Parkinson bei jedem gleich? Nein, der Verlauf ist sehr individuell. Die Wissenschaft unterscheidet verschiedene Subtypen der Erkrankung (z.B. Tremor-dominanter Typ, Akinetisch-rigider Typ), die unterschiedlich verlaufen können. Faktoren wie Alter bei Erkrankungsbeginn, genetische Faktoren und Begleiterkrankungen beeinflussen den Verlauf erheblich.
B. Diagnose und Symptome
Bedeutet Zittern immer Parkinson? Nein. Zittern (Tremor) kann viele Ursachen haben. Der essentielle Tremor ist sogar häufiger als der Parkinson-Tremor und unterscheidet sich durch sein Auftreten bei Bewegung (Aktions-/Haltetremor), während der Parkinson-Tremor typischerweise in Ruhe auftritt. Auch Schilddrüsenerkrankungen, Medikamente oder Stress können Zittern verursachen.
Kann eine MRT Parkinson nachweisen? Eine konventionelle MRT kann Parkinson nicht direkt nachweisen, da die charakteristischen Veränderungen mikroskopisch sind. Sie dient hauptsächlich zum Ausschluss anderer Erkrankungen. Spezielle nuklearmedizinische Verfahren wie DaTSCAN (SPECT) oder [18F]-DOPA-PET können hingegen die dopaminerge Funktion darstellen und sind diagnostisch aussagekräftiger.
Welche Frühsymptome werden oft übersehen? Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass folgende Symptome oft Jahre vor der motorischen Manifestation auftreten können:
- Riechstörungen (bei bis zu 90% der Patienten)
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung (lebhafte Träume mit Bewegungen)
- Verstopfung
- Depression und Antriebsstörungen
- Vermehrte Tagesmüdigkeit Diese prodromalen Symptome werden derzeit intensiv erforscht, um künftig eine Frühdiagnose zu ermöglichen.
C. Behandlung
Kann man Parkinson heilen? Derzeit gibt es keine Heilung für Parkinson. Alle verfügbaren Therapien zielen darauf ab, Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität zu verbessern. Intensiv wird an krankheitsmodifizierenden Therapien geforscht, die das Fortschreiten verlangsamen könnten.
Machen L-Dopa-Medikamente abhängig? Nein, L-Dopa erzeugt keine Abhängigkeit im Sinne einer Sucht. Es kann jedoch nach längerer Einnahme zu einem Nachlassen der Wirkdauer kommen (“Wearing-off”) und Dyskinesien (unwillkürliche Bewegungen) auftreten. Dies ist keine Abhängigkeit, sondern eine Folge der fortschreitenden Erkrankung und der Langzeittherapie.
Ist die Tiefe Hirnstimulation gefährlich? Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein etabliertes Verfahren mit gut untersuchtem Risikoprofil. Das Operationsrisiko liegt bei etwa 1-3% für schwerwiegende Komplikationen wie Blutungen oder Infektionen. Systematische Studien zeigen eine signifikante Verbesserung motorischer Symptome bei geeigneten Patienten. Die Entscheidung für eine THS sollte nach sorgfältiger Abwägung in spezialisierten Zentren getroffen werden.
Helfen Nahrungsergänzungsmittel bei Parkinson? Für die meisten Nahrungsergänzungsmittel gibt es keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz. Für einige Substanzen liegen jedoch Hinweise vor:
- Vitamin D: Bei nachgewiesenem Mangel sinnvoll
- Coenzym Q10: Kontroverse Studienlage, keine eindeutige Empfehlung
- Kurkumin: Präklinische Daten vielversprechend, klinische Studien stehen noch aus
- Omega-3-Fettsäuren: Mögliche neuroprotektive Effekte werden untersucht
Besprechen Sie die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln immer mit Ihrem Arzt, da Wechselwirkungen mit Parkinson-Medikamenten auftreten können.
D. Alltag mit Parkinson
Darf ich mit Parkinson Auto fahren? Die Fahrtauglichkeit muss individuell beurteilt werden und hängt vom Stadium der Erkrankung und vom Ansprechen auf die Medikation ab. Studien zeigen, dass leichte bis mittelschwere Parkinson-Erkrankungen die Fahrtauglichkeit oft nicht wesentlich einschränken, sofern keine kognitiven Einschränkungen oder visuelle Probleme vorliegen. Eine regelmäßige Überprüfung der Fahrtauglichkeit ist empfehlenswert.
Was hilft gegen Freezing-Phänomene? Wissenschaftlich untersucht sind folgende Strategien:
- Rhythmische akustische Stimulation (Metronom, Musik mit klarem Takt)
- Visuelle Hinweise (Linien auf dem Boden, Laserlichtprojektor am Gehstock)
- Mentale Techniken (Zählen, Seitenschritte anstelle direkter Vorwärtsbewegung)
- Optimierung der medikamentösen Therapie
- Spezifisches Gangtraining mit Physiotherapeuten
Beeinflusst Stress die Parkinson-Symptome? Ja, Stress kann Parkinson-Symptome vorübergehend verstärken. Dies ist wissenschaftlich belegt und hängt mit der Wirkung von Stresshormonen auf dopaminerge Systeme zusammen. Stressmanagement-Techniken wie progressive Muskelentspannung, Achtsamkeitsübungen oder Biofeedback können hilfreich sein und werden in kontrollierten Studien untersucht.
Gibt es eine spezielle Parkinson-Diät? Es gibt keine spezielle “Parkinson-Diät” mit eindeutiger wissenschaftlicher Evidenz. Folgende Ernährungsaspekte sind jedoch durch Studien gestützt:
- Mediterrane Ernährung: reich an Antioxidantien, potenziell neuroprotektiv
- Protein-Timing: Verteilung der Proteinaufnahme zur Optimierung der L-Dopa-Wirkung
- Ballaststoffreiche Ernährung: gegen Verstopfung
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: mindestens 1,5-2 Liter täglich
E. Forschung und Perspektiven
Wann wird es eine Heilung für Parkinson geben? Eine definitive Zeitangabe ist nicht möglich. Die Forschung konzentriert sich derzeit auf mehrere vielversprechende Ansätze:
- Alpha-Synuclein-Therapien (Impfungen, Antikörper)
- Gentherapien für genetische Formen
- Neuroprotektive Substanzen
- Stammzellbasierte Ansätze
Es ist realistisch anzunehmen, dass in den nächsten 10-20 Jahren bedeutende Fortschritte erzielt werden, die das Fortschreiten der Erkrankung deutlich verlangsamen könnten.
Was sind die neuesten Entwicklungen in der Parkinson-Forschung? Aktuelle Forschungsschwerpunkte umfassen:
- Biomarker für Früherkennung (z.B. Alpha-Synuclein im Speichel/Haut/Darm)
- Darmmikrobiom und sein Einfluss auf Parkinson
- Immunologische Therapieansätze
- Neue Wirkstoffe, die über nicht-dopaminerge Systeme wirken
- Verbesserte bildgebende Verfahren
- Künstliche Intelligenz zur Prädiktion des Krankheitsverlaufs
Können Stammzellen Parkinson heilen? Stammzelltherapien befinden sich noch im experimentellen Stadium. Erste klinische Studien mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) zeigen vielversprechende Ergebnisse. Dabei werden Stammzellen zu dopaminproduzierenden Neuronen differenziert und ins Gehirn transplantiert. Die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit muss jedoch noch in größeren Studien bestätigt werden. Diese Therapie könnte in Zukunft für ausgewählte Patienten eine Option darstellen, ist aber noch keine Standardbehandlung.
11. Hilfsangebote und Ressourcen
Deutschland
Selbsthilfeorganisationen
- Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. (dPV)
- Größte Selbsthilfeorganisation für Parkinson-Patienten in Deutschland
- Über 450 regionale Gruppen bundesweit
- Website: www.parkinson-vereinigung.de
- Telefon: 02131 – 740 270
- Parkinson Stiftung
- Fördert Forschungsprojekte und Aufklärungsarbeit
- Website: www.parkinsonstiftung.de
Medizinische Zentren
- Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG)
- Liste zertifizierter Parkinson-Spezialzentren
- Website: www.parkinson-gesellschaft.de
Informationsportale
- Kompetenznetz Parkinson
- Aktuelle Informationen zu Forschung und Therapien
- Website: www.kompetenznetz-parkinson.de
- Parkinson-Online
- Informationsplattform und Forum für Betroffene
- Website: www.parkinson-online.de
Österreich
- Österreichische Parkinson Gesellschaft
- Medizinische Informationen und Selbsthilfegruppen
- Website: www.parkinson.at
- Parkinson Selbsthilfe Österreich
- Vernetzung von Selbsthilfegruppen landesweit
- Website: www.parkinson-selbsthilfe.at
Schweiz
- Parkinson Schweiz
- Umfassende Informationen, Beratung und Selbsthilfegruppen
- Website: www.parkinson.ch
- Telefon: +41 43 277 20 77
- Schweizerische Neurologische Gesellschaft
- Informationen zu Fachärzten und Kliniken
- Website: www.swissneuro.ch
Digitale Hilfsmittel
- Parkinson-Apps
- Parkinson Home Exercises: Übungsprogramme für zu Hause
- Parkinsounds: Rhythmische Unterstützung gegen Freezing
- Parkinson-Tagebuch: Dokumentation von Symptomen und Medikation
- Online-Communities
- Diverse Facebook-Gruppen für Betroffene und Angehörige
- Parkinson-Foren zum Austausch von Erfahrungen
Bücher und Medien
- “Leben mit Parkinson” – verschiedene aktuelle Ratgeber in Buchhandlungen erhältlich
- “Parkinson – Die Krankheit verstehen und bewältigen” von Prof. Dr. med. Jens Volkmann
- “Bewegungstraining bei Morbus Parkinson” von Miriam Gutekunst
Finanzielle Unterstützung
- Informationen zu Pflegeleistungen, Hilfsmitteln und finanziellen Unterstützungen bei den jeweiligen Kranken- und Pflegekassen
- Sozialdienste in Kliniken und Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände